Für manche Liberalen ist Javier Milei ein in Erfüllung gegangener Traum.
„Liberale“. Mit der Grundidee des Liberalismus hat das nichts zu tun
Der argentinische Präsident stutzt den Staat rigoros zusammen. Ist das ein Vorbild für Deutschland?
Ist es ein Vorbild für die FDP? Ja.
Ist es ein Vorbild für DE? Nein.
Sollte es ein Vorbild für DE sein? Nein.
Das geht selbst dem CDU-Chef zu weit. Eigentlich ist Friedrich Merz einer liberaleren Wirtschaftspolitik und dem Abbau staatlichen Einflusses auf den Markt nicht abgeneigt.
Doch die Aussagen von Ex-Finanzminister Christian Lindner (FDP) hätten ihn “völlig entsetzt”, er sei “einigermaßen sprachlos”, was bei ihm “nicht so häufig” passiere, sagte Merz am Mittwochabend in der ARD-Polittalkshow “Maischberger”.
Der Unionskanzlerkandidat bezog sich dabei auf Lindners jüngste Äußerung zur Wirtschaftspolitik, bei der dieser sich Argentiniens Präsidenten Javier Milei und den Tesla-Chef Elon Musk als neue Vorbilder für Deutschland wünschte.
Der FDP-Chef hatte am vergangenen Sonntag bei “Caren Miosga” in der ARD gesagt: “Wir sollten in Deutschland ein kleines bisschen mehr Milei und Musk wagen.”
Merz hielt nun dagegen: “Was dieser Präsident dort macht, ruiniert das Land, tritt die Menschen mit Füßen”, sagte er mit Blick auf Argentinien.
Heilige Scheiße ich stimme Merz zu was passiert hier?
Javier Milei polarisiert – und das nicht nur im weit entfernten Deutschland. Im Wahlkampf zog er im vergangenen Jahr mit einer Kettensäge durch das Land, die er symbolisch an den Staatsapparat ansetzte.
Er versprach Argentinien eine “Schocktherapie”, um nach Jahrzehnten der Dauerkrise wieder wirtschaftlichen Schwung zu bekommen.
Das war ziemlich klar. Miles ist Anhänger der „Österreichischen Schule“, einer Wirtschaftstheorie, die in jedem einzelnen Land in dem sie versucht wurde gescheitert ist (zumindest wenn das Ziel die Verbesserung der Lebensqualität ist). Bis heute lehnen Vertreter der Österreichischen Schule empirische Wissenschaft ab, weigern sich aus der Geschichte zu lernen und bringen dieselben Thesen, wie schon immer, weshalb die nirgends ernst genommen werden.
Milei ist nun gut ein Jahr lang im Amt. Was hat der selbst ernannte “Anarchokapitalist” in dieser Zeit erreicht? Ist es für Deutschland wirklich ratsam, ihn zum Vorbild zu nehmen?
Nein
Als der libertäre Milei am 10. Dezember 2023 sein Amt antrat, stand er vor einem Scherbenhaufen.
Miles ist kein libertärer. Libertäre wollen Freiheit maximieren, Milei schränkt durch seine Politik die finanzielle Freiheit von Millionen Menschen weiter ein und baut gleichzeitig einen Polizeistaat auf
Die Inflation hatte bereits im Februar desselben Jahres die 100-Prozent-Marke geknackt und befand sich weiter im Aufstieg. Rund 40 Prozent der Menschen in dem einst wohlhabenden Land lebten unterhalb der Armutsgrenze.
Milei machte dafür einen aufgeblasenen Staatsapparat und die politische Elite verantwortlich.
Den Staat stutzte er dann gehörig zusammen. Die Hälfte der zuvor 18 Ministerien strich der argentinische Präsident.
Ich habe jetzt 6 Artikel durchgelesen, aber kein einziger erwähnt, welche Ministerien abgeschafft wurden
Zudem plante er die Privatisierung von mehr als drei Dutzend Staatsunternehmen.
Gleich zu Beginn seiner Präsidentschaft brachte er ein riesiges Gesetzespaket ein, mit dem Hunderte Gesetze gestrichen oder modifiziert werden sollten.
Dazu gehörten Arbeitnehmerrechte, das Versammlungsrecht, aber auch die Ausweitung der präsidialen Befugnisse über die Wirtschaftspolitik.
Nichts ist libertärer, als das einschränken von Versammlungsrechten und mehr Macht in der Hand des Präsidenten
Seine politischen Ideen entsprechen neben der liberalen Wirtschaftspolitik auch in anderen Bereichen den Vorstellungen der globalen Rechten.
*neoliberal
Das zeigte sich zuletzt wieder bei seiner Rede auf der ultrakonservativen CPAC-Konferenz in Buenos Aires, auf der er den “Kulturkampf” zwischen rechts und links heraufbeschwor.
„ultrakonservativ“
Nach rund einem Jahr hat Milei nun durchaus Erfolge vorzuweisen. Die Ausgaben des Staates sanken um 30 Prozent und liegen damit niedriger als die Steuereinnahmen.
Das ist nicht gut. Das heißt das der Staat buchstäblich auf Geld sitzt, dass durch die Inflation weniger wird, statt es zu investieren.
Außerdem sind die Ausgaben des Staates die Einnahmen der Privatwirtschaft. Viele Unternehmen können ohne staatliche Aufträge nicht überleben.
Außerdem lag die Inflationsrate zu Beginn seiner Präsidentschaft bei 211 Prozent, stieg bis vergangenen April auf rund 290 Prozent an – und ging dann wieder in den Sinkflug. Im vergangenen Oktober sank die Inflationsrate auf 193 Prozent in Relation zum Vorjahresmonat.
Damit liegt Argentinien im Globalen Trend nach der Corona Pandemie. Das ist keine krasse Leistung
Zum Vergleich: In Deutschland lag die Inflation im November 2022 bei 8,8 Prozent, zwei Jahre später ist sie bis auf 2,2 Prozent gesunken.
Schon diese erheblich niedrigeren Werte lösen hierzulande Sorgen aus.
Die Argentinier dürften hingegen vorsichtig aufatmen. Zumal die Prognosen eine weiter sinkende Teuerungsrate versprechen.
Welche Prognosen? Quelle?
Auch wenn diese Zahlen vom Internationalen Währungsfonds (IWF) angezweifelt werden, dürften sie dazu beitragen, dass Milei Zuspruch aus der Bevölkerung erfährt.
Alter, dieser Satz macht mich fertig.
Da steht basically: „Ja, selbst der IWF, eine dreckige Institution die Existiert um Entwicklungsländer in der Schuldenfalle zu halten, erkennt das Milei scheiße ist, aber trotzdem wird Milei durch gefälschte Statistiken beliebter werden“.
In einer Umfrage der argentinischen Beratungsfirma Poliarquía vom vergangenen November lag seine Zustimmung bei 56 Prozent. Dieses Ergebnis hatte er auch bei der Präsidentschaftswahl eingefahren.
Ich habe kein hohes Vertrauen in Beratungsfirmen, erst recht keine aus Argentinien. Gibt es irgendwelche Meinungsforschungsinstitute, die sich damit beschäftigen?
In diesem Artikel wird von „über vierzig Prozent“ gesprochen
https://www.woz.ch/2449/argentinien/menschen-leiden-die-boerse-boomt/!FW57MCGRB5EF
Während die Absenkung der Inflation, die von westlichen Politikern nun als wichtiger Erfolgsindikator angeführt wird, zunächst erfolgreich war, kommt Milei längst nicht mit all seinen Wahlversprechen so gut voran.
Ich bleibe dabei, dass das nicht Mileis Verdienst war
Für sein umfangreiches Reformvorhaben, das sogenannte Omnibus-Gesetz, muss er sich den politischen Realitäten stellen.
Oh Gott, Ancaps und Realität
Seine Partei La Libertad Avanza (Die Freiheit schreitet voran, Anm. d. Red.) hat nur 39 von 257 Sitzen im Repräsentantenhaus, hinzu kommen sechs von 72 Senatsmandaten. In keiner der argentinischen Provinzen gibt es einen Gouverneur der Milei-Partei.
Der Präsident regiert deshalb vornehmlich mit Dekreten bzw. setzt sein Veto gegen Gesetzesvorhaben des Parlaments ein.
Natürlich ist er ein Libertärer, der nur mit Dekreten regiert. Natürlich, was auch sonst?
Er setzt also auf die Macht seines Amts und regiert, wo er kann, am Parlament vorbei.
Dementsprechend zäh gestaltete sich auch die Umsetzung seines “Omnibus-Gesetzes”. Ganze sechs Monate lang debattierten die Abgeordneten und Senatoren den Gesetzestext, nahmen zahlreiche Änderungen vor.
Im Ergebnis winkten sie mehr als 230 Gesetzesartikel (zuvor waren es mehr als 600) durch, die vor allem ausländische Investitionen anziehen sollen.
Mit welchen Maßnahmen? Es ist ein großer Unterschied, ob du den Mindestlohn abschaffst, um Kleiderfabriken anzuziehen oder Subventionen anbietest
Außerdem erlaubten sie Milei anstatt von Dutzenden Privatisierungen lediglich den Verkauf sechs kleinerer Staatsunternehmen, nicht aber die der staatlichen Fluggesellschaft, der Nationalbank oder der Ölgesellschaft.
Glück gehabt. Chile hatte 1973 eine ähnliche Situation mit einer „Schocktherapie“ und nur die staatlichen Kupferminen haben das Land damals vor dem Bankrott gerettet
Mit Blick darauf gab der Präsident kürzlich in einem Interview mit der Zeitung “The Economist” zu: “Ich habe viel darüber gelernt, wie man Politik macht.”
Am Ende sei er mit seinen Plänen jedoch nicht, will weitere Staatsausgaben kürzen: “Jeden Tag deregulieren wir, und wir haben immer noch 3.200 Strukturreformen vor uns.” Seine Kürzungspläne begründet er plakativ: “Meine Verachtung für den Staat ist grenzenlos.”
Mileis radikale Kur für den Staat scheint also vor allem beim Haushalt und der Inflation Wirkung zu tragen.
Übersetzung: Linie auf Statistiken geht hoch bzw. bei der Inflation runter.
Doch zu welchem Preis?
Zunächst einmal hat Mileis “Schocktherapie” die heimische Wirtschaft gelähmt.
Waaaas? Austerität funktioniert nicht?!
Der Internationale Währungsfonds erwartet laut seiner Prognose vom Juli, dass die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 3,5 Prozent sinkt. Für das kommende Jahr prognostiziert der IWF jedoch ein Wachstum von fünf Prozent.
Auch Deutschlands Wirtschaft steht aktuell nicht gut da. Für das laufende Jahr wird Stagnation prophezeit.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) geht für das kommende Jahr von einem Mini-Wachstum von 0,7 Prozent aus, für 2026 prognostiziert sie ein Plus von 1,2 Prozent.
Sorry, aber man kann Prognosen vom IWF und OECD nicht miteinander vergleichen.
Der IWF existiert, um Entwicklungsländer abhängig zu halten, der OECD ist ebenfalls scheiße, versucht aber wenigstens sowas wie Wachstum zu erzeugen
Dass sich die protestfreudigen Argentinier nach anfänglichen Massendemonstrationen gegen das “Omnibus-Gesetz” aktuell zurückhalten, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die schwerwiegenderen Folgen von Mileis Politik im Sozialen liegen.
Ernsthaft? Keine Erwähnung der gewalttätigen Niederschlagung von Protestbewegungen?
https://amerika21.de/blog/2024/10/271932/indigener-protest-zwangsraeumungen-argent
In seinem ersten Jahr als Präsident stieg die Zahl der Armen im Land deutlich an. Lebten zuvor noch rund 40 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze, waren es im ersten Halbjahr 2024 schon knapp 53 Prozent.
Rund 18 Prozent der Bevölkerung gelten als extrem arm, können sich nur eine Mahlzeit am Tag leisten und sind auf Tafeln angewiesen.
Auch die Zahl der Arbeitslosen stieg von 5,7 Prozent im letzten Quartal des vergangenen Jahres auf 7,2 Prozent bis zur Jahreshälfte 2024. Allein im Zuge der Kürzungen am Staatsapparat entließ Milei kurzerhand gut 30.000 Menschen aus dem öffentlichen Dienst.
Insgesamt gingen laut offiziellen Zahlen rund 242.000 Arbeitsplätze im Angestelltenverhältnis verloren.
Dafür gibt es rund 194.000 Selbstständige mehr. Aber auch die Schwarzarbeit stieg demnach um 36,7 Prozent an.
Ob es da wohl einen Zusammenhang gibt? 242k Menschen verlieren den Job, 194k neue Selbstständige tauchen plötzlich auf, Schwarzarbeit steigt
In Argentinien und allgemein Südamerika werden viele Jobs von Menschen in Armut gemacht.
Ein Beispiel: Oft gibt es keine richtige Müllabfuhr, man wirft den Müll auf die Straße und ein oft in Armut lebender Müllsammler sammelt ihn auf. Diese Müllsammler gelten offiziell als Selbstständige und bringen den Müll zu Sammelstellen und bekommen Geld dafür.
So kann der Staat sich die Gehälter sparen und man muss nicht auf Arbeitnehmerrechte achten.
Diese Menschen sind dann in ihrer Selbstständigkeit gefangen, weil sie niemals genug verdienen können, um etwas aufzubauen, nicht die Zeit haben Qualifikationen zu erlangen und selbst mit Qualifikationen keinenJob bekommen würden, weil sie in Slums leben und es nicht genug Jobs gibt
Falls Menschliches Leid als Argument nicht genug ist: Schwarzarbeiter zahlen keine Steuern.
Des Weiteren strich Milei die Ausgaben für Gesundheit, Bildung, Wissenschaft, die Renten und Sozialprogramme zusammen – alles, um seinen Traum von einem möglichst schlanken Staat zu verwirklichen.
Wie überraschend. Wisst ihr, was erhöht wurde? Polizeilöhne. Klassischer Libertärer
https://amerika21.de/2020/09/243563/polizeiproteste-buenos-aires
Die Folgen dieses Handelns sind beispielsweise bei der bislang noch kostenfreien Früherkennung und Behandlung von HIV und Aids sichtbar. Argentinien ist dabei eigentlich ein Vorreiter in der Region.
Argentinien war Vorreiter in der Region
Doch in diesem Jahr kürzte Mileis Regierung die Ausgaben dafür um 67 Prozent, im kommenden Jahr sollen die Mittel erneut um 46 Prozent sinken. Aids ist eine chronische Erkrankung, die durch das Humane Immundefizienzvirus (HIV) verursacht wird. Gut 140.000 Menschen in Argentinien leben laut offiziellen Angaben mit HIV. Die Behandlung ermöglicht den meisten von ihnen ein nahezu normales Leben.
Es ist so dumm, es kann nur aus der österreichischen Schule kommen. Diese Menschen können arbeitet, sie können zur Volkswirtschaft beitragen. Die Ausgaben für die Versorgung stehen in keinem Verhältnis zu den Einnahmen durch ihre Arbeit.
Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters bekommen einige Patienten nun bereits abgelaufene Medikamente. Die Behandlung von mehr als 9.000 Patienten könnte der “Huésped”-Stiftung zufolge im kommenden Jahr unterbrochen werden – wegen fehlender Mittel.
Stiftungschef Leandro Cahn erklärte Reuters zudem, dass fehlende HIV-Früherkennung ironischerweise letztlich zu Mehrkosten führen kann: “Diese Menschen benötigen einen Krankenhausaufenthalt, eine Behandlung von Infektionen und eine Reihe von medizinischen Leistungen, die vermieden werden könnten, wenn die Diagnose früher gestellt würde.”
lol, er denkt die Krankenkasse würde dann noch einen Krankenhausaufenthalt bezahlen
Milei scheint derzeit vor allem von zwei Gegebenheiten zu profitieren: Die Bevölkerung gibt ihm einerseits einen Vertrauensvorschuss aufgrund seiner kurzfristigen ökonomischen Erfolge. Andererseits aber kommt ihm ebenfalls zugute, dass die Opposition, die lange Zeit die prägende politische Kraft in Argentinien war, sich nach der krachenden Wahlniederlage gegen Milei bisher nicht neu formieren konnte.
Hinzu kommt, dass die anderen etablierten Parteien stets in seinem Fadenkreuz stehen – stabile Allianzen im Parlament sind so kaum möglich.
Viele von Mileis Reformen und Maßnahmen sind jedoch – weil per Dekret beschlossen – leicht wieder rückgängig zu machen, sollte sich die Opposition gegen ihn versammeln und den öffentlichen Diskurs wieder auf ihre Seite bringen.
Im kommenden Jahr finden Zwischenwahlen statt: Für Milei ist das eine Chance und eine Gefahr zugleich. Entweder seine Partei gewinnt Macht im Kongress – oder büßt sie ein. Milei will vor den Wahlen “Furore” machen, kündigte er an. Das hat schon einmal funktioniert und ihn in die Casa Rosada katapultiert.
Bei den Wahlen wird sich zudem zeigen, ob Milei tatsächlich weiter als internationales Vorbild dienen kann oder ob die Faszination nach einer Wahlniederlage schnell wieder verpufft.
Welcher kranke Kapitalist nimmt den zum Vorbild? Ah, ja Lindner, richtig
Denn einer weiteren Verschlechterung der sozialen Lage im Land würden die Argentinier nicht lange tatenlos zusehen.
Wieso nicht? Unter der vorherigen Regierung war es auch nicht gut, es gibt keine Opposition, Versammlungen werden eingeschränkt und die großen argentinischen Medien mögen Mileis Privatisierungspläne
Hier übrigens noch ein paar Dinge, die der Artikel nicht nennt:
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quasi kein Mieterschutz mehr. Vermieter können Mieter jederzeit rauswerfen und die Miete beliebig erhöhen
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Wohnkosten und Lebensmittelkosten steigen schneller als der Lohn
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Zunahme von „Villas“ (quasi Slums)
https://www.woz.ch/2449/argentinien/menschen-leiden-die-boerse-boomt/!FW57MCGRB5EF